Haben Sie sich jemals gefragt, was unter der Haube und dem eleganten Äußeren eines Rolls-Royce oder Bentley steckt, das ihm seine legendäre Fahrqualität und Sicherheit verleiht? Ein entscheidender, oft übersehener Bereich ist sein komplexes hydraulisches System. Es ist das wahre Nervensystem dieser Luxusautomobile, das Bremsen, Federung und sogar die Lenkung steuert. Doch so genial diese Systeme auch sind, sie stellen Techniker vor einzigartige Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf ihre Wartung und die drastische Umstellung auf neue Flüssigkeiten.
Das Hydraulische Herzstück und sein Druck
In vielen Rolls-Royce und Bentley Modellen der späten 1970er Jahre und frühen 1980er Jahre arbeiten die hydraulischen Systeme unter hohem Druck. Diese Systeme sind in zwei unabhängige Kreisläufe unterteilt, die sowohl die Bremsen als auch die Niveauregulierung der Federung steuern. Stellen Sie sich vor: Zwei voneinander unabhängige Bremssysteme gewährleisten maximale Sicherheit, selbst bei einem Ausfall eines Kreislaufs. Dieses technische Meisterwerk erfordert bei jeder Arbeit am Fahrzeug äußerste Vorsicht und spezielle Vorkehrungen, da falsche Handhabung ernsthafte Schäden am Fahrzeug oder Verletzungen des Personals verursachen kann. Es ist sogar ratsam, die hydraulischen Systeme zu entlüften, bevor größere Arbeiten durchgeführt werden, um diesen hohen Druck zu entlasten.
Die Flüssigkeitsrevolution: Von RR363 zu LHM
Eine der dramatischsten Veränderungen in der Geschichte dieser Hydrauliksysteme war die Einführung des Hydrauliksystem-Mineralöls (LHM) für Corniche- und Camargue-Modelle ab der Fahrgestellnummer 50001. Vor dieser Umstellung wurde ein herkömmliches synthetisches Bremsfluid, Castrol RR363, verwendet, das eine bernsteinfarbene Tönung aufweist.
Doch hier liegt die größte Gefahr und die spannendste Herausforderung für Mechaniker: Unter keinen Umständen darf herkömmliche synthetische Bremsflüssigkeit durch echtes Hydrauliksystem-Mineralöl ersetzt werden, oder umgekehrt!. Schon geringste Verunreinigungen können katastrophale Folgen haben. Rolls-Royce Motors hat diese Gefahr so ernst genommen, dass sie nicht nur spezielle Warnungen herausgaben, sondern auch ein Kontaminationstestkit (RH 2841) entwickelten, um zu überprüfen, ob Mineralölsysteme mit der falschen Flüssigkeit verunreinigt wurden. Für die Fahrzeughalter, die noch ältere Systeme verwenden, wurden sogar neue Aufkleber für die Bremsflüssigkeitsbehälter herausgegeben, um Verwechslungen zu vermeiden.
Innovationen und Wartungsprioritäten
Die Umstellung auf LHM brachte nicht nur eine neue Flüssigkeit, sondern auch eine neue Hinterradaufhängung mit sich, die den Fahrkomfort und die Handhabung weiter verbesserte und gleichzeitig Fahrgeräusche reduzierte. Mit dieser Neuerung gingen auch Anpassungen am Hydrauliksystem einher, wie verbesserte Dichtungen für die Reservoirdeckel und die Einführung eines neuen Einfüllstutzens für das Reservoir, um das Risiko der Zugabe der falschen Flüssigkeit zu minimieren.
Die Wartung dieser Systeme ist ein Präzisionsakt:
- Sauberkeit ist von entscheidender Bedeutung. Selbst kleinste Fremdpartikel können die Komponenten, die mit sehr feinen Fertigungstoleranzen arbeiten, beeinträchtigen.
- Falls Mineralöl auf die Reifen gelangt, muss es sofort mit Seifenlauge und sauberem Wasser entfernt werden, da längerer Kontakt Reifenschäden verursachen kann.*
- Für die Mineralölsysteme sind die Entlüftungsschrauben an den Akkumulatoren integraler Bestandteil des Ventilgehäuses und erfordern keinen separaten Schlauchanschluss.
- Die Lebensdauer von Gummikomponenten in den Hydrauliksystemen ist begrenzt und sie sollten in den empfohlenen Intervallen erneuert werden. Es dürfen nur Gummi-Komponenten mit Mineralöl-Kennzeichnung in Mineralölsystemen verwendet werden.
Fazit: Präzision für die Perfektion
Die hydraulischen Systeme in Rolls-Royce und Bentley Fahrzeugen sind ein Paradebeispiel für die technische Präzision, die diese Marken auszeichnet. Die Umstellung auf Mineralöl unterstreicht die ständige Weiterentwicklung, aber auch die unverzichtbare Rolle einer akribischen Wartung und der strikten Einhaltung der Herstellervorgaben. Nur so kann die legendäre Fahrqualität, Sicherheit und Langlebigkeit dieser Automobile gewährleistet werden. Es ist ein System, das Respekt und Fachwissen erfordert – und, wie wir gesehen haben, auch ein gewisses Gespür für Drama, wenn die falschen Flüssigkeiten ins Spiel kommen!
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